Chinesische Herrscherfamilien

Chinesische Herrscherfamilien

Als Europäer assoziieren wir den Begriff der Chinesischen Dynastie meist mit der genealogischen Linie des historisch amtierenden Kaiserhauses. Allerdings ist dieser Ausdruck mehr als allgemeiner Terminus zu verstehen, etwa wie chinesisches Adelsgeschlecht. Neben dem jeweils regierenden Herrschergeschlecht gab es nämlich parallel dazu eine Zahl weiterer Adelshäuser. Diese waren über das gesamte Reich verteilt und werden ebenfalls als Dynastien bezeichnet.

Im Vergleich zu europäischen Verhältnissen konnte sich eine Dynastie in China vergleichsweise schnell etablieren. Nicht selten sagte sich ein im Kampf erfolgreicher General von seinem Herrn los und begründete eine neue Dynastie. Seine Machtbasis festigte er durch politische, wirtschaftliche und militärische Bündnisse mit lokalen Führern.

Somit war die Armee und vor allem deren Führungsapparat realer Machtfaktor chinesischer Politik. Das chinesische Reich hatte enorme Ausmaße, entsprechend waren die Kaiser auf fähige Generäle angewiesen. Diese galt es geschickt einzusetzen, zu lenken und nur so viel Macht wie nötig und so wenig wie möglich zuzugestehen.

Chinesische Dynastie und nationale Identität

In der Rückschau wirken historische Prozesse oftmals plausibel. Tatsächlich etablieren sie sich mitunter auch auf Basis glücklicher oder zufälliger Ereignisse. Die chinesische Identität reicht bis weit zurück in die Zeit kultureller Mythen und festigte sich dahingehend während der Han-Dynastie. Dennoch wäre eine völlig andere Entwicklung ebenfalls denkbar gewesen.

Innerhalb dieses Riesenreichs lebten eine große Anzahl ethnisch nicht verwandter Völker und Gruppen. Entsprechend wurde China nicht immer von "Chinesen" regiert. Hier stechen vor allem die Jin-Dynastie (Jurchen) sowie die Yuan- und Liao- Dynastien (Proto-/Mongolen) hervor. Daneben waren die herrschenden Dynastien während der ersten Hälfte des Chinesischen Kaiserreichs auch auf externe Unterstützung angewiesen. Hier sind in erster Linie türkische Völker zu nennen.

Die “nicht-” chinesischen Dynastien sind in ihrer Bedeutung für das Kaiserreich keinesfalls zu unterschätzen. So war die von Kublai Khan, Enkel des berühmten mongolischen Eroberers Dschingis Khan, etablierte Yuan-Dynastie die erste, die über das ganze Gebiet Chinas herrschte.

Aufstieg und Fall der Dynastien

Im Durchschnitt herrschten kaiserliche Dynastien jeweils knapp zwei Jahrhunderte über China. Am längsten herrschten die Tang (618 - 907 n. Chr.), am kürzesten die Xin (9 - 23 n. Chr.). Das Kaiserreich China wurde 221 v. Chr. von den Qin gegründet, zerfiel mehrmals und wurde dreimal (Jin, Sui, Yuan) wiedervereinigt, bis es schließlich 1912 endgültig zerfiel. Anschließende Restaurationsversuche schlugen fehl.

Während der Zeiten des Zerfalls regierten lokale Dynastien (über-)regional. Diese Perioden umfassen die Zeiten der Sechzehn Reiche (304 - 439 n. Chr.), Südliche und Nördliche Dynastien (420 - 581 n. Chr.) sowie die Fünf Dynastien und Zehn Königreiche (907 - 979 n. Chr.).

Die Gründe für den Zerfall der Dynastien umfassen die gesamte Bandbreite politischer Machtausübung und deren Konsequenzen, so wie sie in anderen Reichen anderer Erdteile ebenfalls bekannt sind. Exemplarisch sollen hier drei Gründe des Scheiterns von Dynastien angeführt werden:

Intrigen. Kaiserliche Dynastien sahen sich stets Intrigen in besonderer Weise ausgesetzt. Während sich Nepotismus und Militärmacht zu Beginn einer Dynastie als notwendig und vorteilhaft zeigten, verkehrten sie sich im Laufe der dynastischen Regentschaft ins Gegenteil. Morde innerhalb des Palasts, der Regierung und Familie waren ebenso regelmäßig ausgeübte Machtinstrumente wie Putschversuche vonseiten des Militärs. Gelang einem Militär die Machtübernahme, kam es oft zur Hinrichtung sämtlicher Mitglieder des gestürzten Herrscherhauses und deren außerfamiliären Vertrauten.

Politische Fehlentscheidungen. Fehlentscheidungen im Anschluss an Hungersnöten, Naturkatastrophen usw., oder fehlgeschlagene Landverteilungsmaßnahmen leiteten oftmals den Beginn der Ende einer dynastischen Ära ein.

Schleichender Machtverlust. Für den Bestand einer Dynastie war Machtausübung und -kontrolle essenziell. Bereits der Verlust über regionale Märkte, Handelsrouten (z.B. Seidenstraße) etc. konnte die Machtposition des Kaisers in der entfernten Kaiserstadt nachhaltig destabilisieren.