Die Winde in der Mittelmeerregion

Die Winde in der Mittelmeerregion

Mittelmeerwinde bezeichnen die Winde der Mittelmeerregion. Winde selbst sind Massenströme, die eine Gleichverteilung der Luftteilchen im Raum anvisieren. Vereinfacht kann man sagen, dass ein Wind entsteht, wenn der Luftdruck nicht überall gleich ist. Ist der Luftdruck hingegen überall gleich, ist es windstill. Ist er es nicht, muss ein Ausgleich geschaffen werden. Je größer das Ungleichgewicht, desto stärker weht der Wind. 

Warme, aufsteigende Luft übt weniger Druck als kalte, absinkende Luft aus. Bei aufsteigender Warmluft spricht man deshalb von einem Tiefdruckgebiet und bei absinkender Kaltluft von einem Hochdruckgebiet. Luft zieht es automatisch dorthin, wo der Druck niedrig ist. Sie wandert von einem Hochdruck- zu einem Tiefdruckgebiet.

Überraschungsbesuche mit 200 km/h

Die Bora, auch Bura genannt, gehört zu den stärksten Winden und kann die Bewohner des nördlichen Teils der Adria zwischen Rijeka und Split bis zur montenegrinischen Küste sowie der kroatischen Inseln in der Winterzeit 5-mal pro Monat überraschen. Im Sommer zeigt sie sich etwas seltener. Eine Bora kann dabei Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h erreichen. Im Jahr 1996 erreichte die Bora eine Geschwindigkeit von 250,2 km/h. Im Jahr 2019 wurde in Kroatien die bisher höchste Geschwindigkeit seit Beginn der Aufzeichnungen gemessen. 

Dieser Wind entsteht, wenn polare Kaltluft aus dem Norden oder dem Nordosten die Adriatische Küste erreicht. Die dinarischen Gebirgszüge mit ihren Quertälern wirken auf dem Weg wie eine Düse und verstärken den Wind. Das erste Anzeichen für eine herannahende Bora sind Wolkenwalzen auf den Bergen in der Nähe der Küste. Das Wort Bora bezieht sich auf den griechischen Titansohn Boreas, den personifizierten Nordwind.

Kühlende Schönwetterwinde

Bei den Etesien bzw. dem Meltemi handelt es sich um einen Nordwind in der südlichen Ägäis. Der Name Etesien ist griechischen Ursprungs und bedeutet ‘die jährlichen Winde’, während Meltemi vom türkischen Wort ‘meltem’ hergeleitet wird, was mit ‘Brise’ übersetzt werden kann. 

Der Meltemi breitet sich über die griechische Ostküste und die türkische Westküste bis zur Insel Kreta aus. Auf dem Weg von Norden nach Süden teilt er sich in 4 verschiedene Windrichtungen - Norden, Nordosten, Nordwesten und Westen. Er weht von April oder Mai bis Oktober und wird während der heißen Sommermonate als angenehm kühl empfunden. Auch unter Seglern ist er beliebt. 

Der Meltemi ist Teil des Nordostpassats. Dieser wiederum gehört zu den Passatwinden, die am Äquator entstehen und als beständig gelten. Der Nordostpassat befindet sich auf der Nordhalbkugel und weht aus nordöstlicher Richtung. 

Der Meltemi ist ein synoptischer Wind, also ein Wind, der von einer Wetterlage beeinflusst wird. Entscheidend für ihn sind das Azoren-Hochdruckgebiet und das Tiefdruckgebiet eines Sommermonsuns über Südwestasien. Zwischen beiden besteht ein immenser Druckunterschied. Während das Azorenhoch Italien, Mitteleuropa und den Balkan abdeckt, kommt es über der anatolischen Hochebene und der arabischen Halbinsel zu einem Hitzetief. Zwischen dem Hoch und dem Tief entsteht der Meltemi.

Ein gefürchteter Kaltwind

Der Gregale ist ein kalter Wind aus Nordosten, der auf der Insel Malta zu spüren ist, wo er für die Schifffahrt gefährlich werden kann. Angeblich soll der Wind im Jahre 1555 um die maltesische Hauptstadt Valletta derart gewütet haben, dass ein Tornado entstand, der vielen Menschen das Leben kostete. Der Gregale kann 4 bis 5 Tage anhalten, wenn er durch einen Luftstrom aus Mittel- oder Südeuropa in Richtung Libyen verursacht wird. Ist die Ursache ein Tiefdruckgebiet über dem südlichen Mittelmeer, dauert er etwa 2 Tage.

Ein stürmischer Fallwind

Der Mistral ist ein sogenannter katabatischer Wind. Dabei handelt es sich um einen kalten vom Land abgehenden Fallwind. Man bemerkt ihn besonders deutlich im Rhônetal. Mistral leitet sich vom Wort Meister ab und wird so ähnlich in verschiedenen Sprachen verwendet. Während er im Rhônetal aus dem Norden kommt, dreht er an der Côte d'Azur. 

Unter Seglern ist der Mistral als stürmischer Wind mit Wellengang gefürchtet. Außerhalb der Sommermonate bringt er es häufig auf 83 bis 100 km/h. Nicht selten gehen damit Orkanböen von etwa 118 km/h einher. Selbst im Sommer erreicht er Windgeschwindigkeiten von 50 bis 74 km/h und Sturmböen von 75 bis 88 km/h. 

Normalerweise hält der Mistral einige Tage an, selten ein bis zwei Wochen. Er entsteht, wenn sich ein Hochdruckgebiet vom Atlantik über den Golf von Biskaya verschiebt, während sich ein Tief über Nord- und Osteuropa befindet. Das Hoch und das Tief, die sich jeweils in verschiedene Richtungen drehend bewegen, bringen Kaltluft in Bewegung, die in Richtung Süden zu den Gebirgsketten gedrängt wird. Von dort kann die Kaltluft nur über die Alpen und das Zentralmassiv ins Rhônetal oder über die Pyrenäen und das Zentralmassiv zum Garonne-Tal gepresst werden. Passiert der Wind den Golf von Genua mit seiner milden Mittelmeerluft, bildet sich das Genuatief, das die Kaltluft ansaugt. 

Dass der Mistral aufzieht, erkennt man an einer klaren Sicht mit Altocumulus Lenticularis Wolken. Diese sehen mandel- oder linsenförmig aus und erinnern vereinzelt an Ufos. Nähert sich der Mistral, sollte man auf dem Festland bleiben.

Ein heißer Wüstenwind

Der Scirocco ist ein heißer Wüstenwind, der selten zum Sturm wird, die Luft durch den Saharasand jedoch gelb oder rötlich verfärbt. Man begegnet ihm vor allem im Frühjahr und im Herbst. Durch die Feuchtigkeit, die er im Mittelmeer aufnimmt, kann es zum Phänomen des Blutregens kommen. 

Der Scirocco entsteht aufgrund der Temperaturunterschiede eines kühlen Tiefdruckgebiets in nordafrikanischen oder südeuropäischen Regionen und der heißen Luft der Sahara. Je größer der Temperaturunterschied, desto kräftiger wird der daraus entstehende Wind. In Gebirgsregionen kann es zu starken Regenfällen kommen. Ein Vorbote des Sciroccos ist diesige, schwüle Luft.

Ein Fallwind in Italien und Kroatien

Bei der Tramontana handelt es sich wie beim Mistral um einen katabatischen Wind. Er weht aus Norden oder Nordosten in Italien und Kroatien. Die Tramontana entsteht, wenn polare Kaltluft aus dem Norden durch die Täler der Gebirgsketten drängt und kann im Winter zu einem Temperatursturz, Böen und Regen führen.